Digitale Transformation: Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse auf dem Prüfstand
Von David Schweiger | 27.08.2020 | Digitalisierung, Geschäftsmodell, Innovation
Egal ob B2C oder B2B, egal ob Produzent, Händler, Dienstleister, Handwerker oder öffentliche Einrichtung – unsere Wirtschaft steht vor einschneidenden Veränderungen durch die rasch voranschreitende Digitalisierung. Beschleunigt wird die Transformation durch die Corona-Pandemie.
Wie gehen Sie mit den Herausforderungen des digitalen Wandels um?
Unabhängig von Branche und Größe: Unternehmer müssen sich fragen, welche Auswirkungen der tiefgreifende digitale Wandel unserer Gesellschaft – und damit der Lebens- und Arbeitsumgebungen – auf Geschäftsmodell, Geschäftsprozesse, Fertigungsmethoden und Unternehmenskommunikation hat. Eins ist sicher: Augen zu und durch, das wird nicht funktionieren. Denn die Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche schreitet rasant voran. Und die „Digital Natives“ von heute sind die Kunden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer von morgen.
- Digital agierende Start-Ups lösen etablierte Geschäftsmodelle mit radikalen Innovationen „über Nacht“ ab oder bringen diese in bedrohliche Schieflage (Disruption).
- Digitale Geschäftsprozesse steigern die Effektivität und Effizienz im Unternehmen und werden zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
- Digitale Systeme ermöglichen die Verzahnung der industriellen Produktion mit modernen Informations- und Kommunikationstechniken zur „Industrie 4.0
- Digitale und maschinengetriebene Lösungen ersetzen zunehmend menschliche Arbeitskraft und redundante Tätigkeiten; Experten sprechen vom Wegfall jedes zweiten heute existierenden Arbeitsplatzes bis 2040.
- Mit dem „Internet der Dinge“ hält digitale Technologie mehr und mehr Einzug in den physischen Lebensraum der Menschen und unterstützt sie bei alltäglichen Tätigkeiten.
- Digital Commerce/ E-Commerce wächst unaufhaltsam und löst altbekannte Konsum- und Shoppinggewohnheiten mehr und mehr ab
Zentrale Herausforderungen der Digitalisierung
Deutschland im Jahr 2030?
Wie wird der Standort Deutschland im Jahr 2030 aussehen und wie konkurrenzfähig werden deutsche Unternehmen in Zukunft sein? Die Unternehmensberatung Deloitte hat vier Zukunftsszenarien entwickelt. Sehen Sie selbst (9:28 Minuten, englischsprachig):
Digitale Geschäftsmodelle
Ihr Geschäftsmodell ist eine abstrahierte Darstellung der logischen Zusammenhänge, wie Ihr Unternehmen Mehrwert für Ihre Kunden erzeugt und einen Ertrag für die Organisation sichert. Mit dem Siegeszug der Digitalisierung stehen Unternehmen hinsichtlich ihres Geschäftsmodells vor neuen Herausforderungen, aber auch großen Chancen:
- Innovation: Analoge Geschäftsmodelle können schrittweise digitalisiert, sprich an die Regelwerke einer digitalisierten Ökonomie angepasst werden.
- Disruption: Völlig neuartige Geschäftsmodelle können entwickelt werden und etablierte Geschäftsmodelle ablösen oder ergänzen.
Was zeichnet digitale Geschäftsmodelle aus?
- Sie beschreiben den Austausch von (digitaler) Leistung und Gegenleistung, die über digitale Technologie abgewickelt wird.
- Die an der Transaktion beteiligten Parteien benötigen eine „digitale Ausstattung“.
- Die geschäftliche Transaktion kann mit oder ohne Zutun des Menschen stattfinden
Herausforderungen
- Das Top-Management muss diese Konzepte und Technologien selbst verstehen und darf das Thema nicht in die IT-Abteilung auslagern.
- Digitale Geschäftsmodelle müssen klein begonnen und dann im Sinne eines iterativen Weiterentwicklungsprozesses aufgebaut, angepasst und skaliert werden („think big“ but „start lean“)
Shazam: Eine der genialsten Apps, wie ich finde. Das vermeintlich „simple“ Erkennen eines Musikstücks mit einem Smartphpone ist Startpunkt für eine digitale Transaktion, nämlich des Kaufs des Musikstücks bei iTunes.
Digitale Geschäftsmodelle in der Praxis
Nahezu jedes Geschäftsmodell bietet Potenziale zur Digitalisierung. Wir haben Ihnen nachfolgend haben ein paar Best-Practice-Beispiele zusammengestellt:
Digitalisierung nach Unternehmensfunktion (Marketing)
- Produktpolitik (z.B. Echtzeit-Konfiguratoren, Mass-Customization wie mymüsli, Nike)
- Leistungspolitik (z.B. Crowd-Investing wie Seedmatch, Comunity-basierte Geschäftsmodelle wie Uber)
- Preispolitik (z.B. Echtzeit-Preise in Reisportalen oder bei Airlines)
- Vertriebspolitik (z.B. iTunes)
- Kommunikationspolitik (z.B. Social Media)
Handel mit digitalen Services
- Digitale Dienstleistungen werden direkt über eine Internetplattform angeboten
- Der Umsatz wird bei der Nutzung bzw. durch die Nutzung generiert
- Beispiele: eLearning-Plattformen wie udemy.com
Vermittlungsservices/Anbahnungsgeschäfte
- Vermittler und spezialisierte Suchmaschinen (Intermediäre) bringen Anbieter und Kunden miteinander in Kontakt, verhindern aber den direkten Kontakt
- Herausforderung: Es muss für den Kunden einfacher sein, über die Suchmaschine bzw. den Vermittler zu gehen, als den Anbieter direkt zu kontaktieren
- vorwiegend auf Märkten mit hoher Intransparenz
- Umsatz wird durch die Vermittlung von Geschäften generiert (i.d.R. Provisionsbasis)
- Beispiele: Trivago.de, booking.com, kayak.de
Handel mit Insights und Reichweiten
- Ziel: Reichweite durch relevanten (user-generated) Content erzeugen
- Darauf aufbauend können weitere Geschäftsmodelle entwickelt werden (Mikro-Wertschöpfung, Werbeeinnahmen, Location-based Services, Verkauf von Nutzerdaten …)
- Beispiel: Communities wie Twitter.com
Handel mit digitalen Daten und Lizenzen
- Kunden erhalten plattformübergreifenden Zugang zu digitalen Formaten wie Musik, Videos, Apps und eBooks, die von vielen Anbietern zur Verfügung gestellt werden.
- Anbieter profitieren von finanziellen Transaktionen und Daten über das Nutzerverhalten
- Meist „Lock-In-Strategie“: der Kunde kann die Daten nur auf einem bestimmten Betriebssystem bzw. einer „Gerätewelt“ nutzen und/oder die Daten sind an den Account eines Anbieters gebunden.
- Beispiele:
- Die Welten von Apple (iTunes, iPhoto etc.) oder Amazon (Kindle, Prime etc.)
- Tesla: Das physische Produkt “Automobil” wird virtualisiert, digitalisiert und nach dem Kauf erweitert und optimiert. Digitale Erweiterungen (z.B. Autopilot für ca. € 3.000) werden über eine Internetverbindung oder beim Service-Termin eingespielt.
Handel mit physischen Gütern (E-Commerce)
- Der Onlineshop als Klassiker digital-hybrider Geschäftsmodelle
- Benötigt physische und technische Infrastruktur
- Unterschieden wird zwischen:
- Curated Shopping: Setzt auf persönliche Beratung und ein augeklügeltes CRM. Auf deren Basis sollen Kundenzufriedenheit und -bindung generiert werden (z. B. outfittery.de)
- Marktplätze: Verzicht auf einen eigenen Onlineshop und Nutzung von B2B- oder B2C-Marktplätzen wie etwa Amazon, ebay, Alibaba etc.
- Vendor-Modell: Aufbau eines eigenen Onlineshops mit eigener Logistik. Marktzugang primär über eigene Online-Marketing-Aktivitäten. Geeignet für Hersteller oder für Unternehmen mit Eigenmarken (z.B. net-a-porter.com)
- Dropshipping: eigener Shop und eigen Vermarktung, aber Verzicht auf eigene Lager- und Logistik-Infrastruktur. Bestellungen werden an einen Großhändler weitergeleitet, der die Bestellung im Namen des Anbieters verarbeitet und versendet. Geeignet für Unternehmen, die einen starken Marktzugang besitzen und nach zusätzlichen Umsatzmöglichkeiten suchen (z.B. endlichzuhause.de)
- Multichannel-Modell: Vernetzung lokaler Einkaufserlebnisse mit Online-Einkäufen. Anbieter mit Onlineshop bieten Kunden z.B. die Abholung bestellter Produkte im stationären Laden an. Herausforderung: Warenhaltung und Verfügbarkeit (z.B. Conrad.de)
- B2B2C-Multishop: ein eCommerce-Anbieter bietet anderen Unternehmen oder Privatpersonen einen Whitelabel-Shop an (z.B. spreadshirt.de, Produkte können mit eigenen Designs versehen und über Spreadshirt angeboten werden. Spreadshirt kümmert sich um das gesamte Fulfillment. Der Partner erhält eine Provision).
- Member-Shops: Der Zugang zur Plattform wird Kunden oder Geschäftspartnern auf Anfrage gewährt. (z.B. limango.de, brands4friends.de)
Direkte Finanzdienstleistungen
- Intermediäre zwischen finanziellen Parteien überwinden die Hürden, die durch Banken aufgebaut wurden, und verbinden Kreditgeber mit Kreditnehmern.
- Kreditgeber profitieren von höheren Renditen, Kreditnehmer von geringeren Zinsbelastungen. Die Digitalisierung verringert den Kostenblock, schlaue Rechenprozesse ermitteln das Risiko und helfen, Investitionen abzusichern. Die meisten digitalen Finanzdienstleister werden von Banken oder mithilfe von Banken gegründet.
- Beispiele: marketinvoice.com, smava.de, auxmoney.de
Zeitbasierte Versicherungen
- Angebot: Risikoabsicherung für kurze Zeitspannen
- Ein Jogger kann sich z.B. gegen Verletzungen bei einem Marathonlauf versichern. Die Beträge sind minimal und werden gesammelt abgerechnet.
- Digitale Versicherungsmanager helfen dabei, den Überblick über die eigenen Versicherungen und Kosten zu behalten
- Beispiel: appsichern.de, clark.de
Das richtige Mindset
Der digitale Wandel bedeutet für viele Unternehmen einen tiefgreifenden kulturellen Wandel. Hierarchische Führungsstrukturen, intransparente Prozesse und eine offene Fehler- und Kritikkultur stehen einer erfolgreichen Digitalisierung diametral entgegen. Entscheidend sind das richtige Mindset auf der Führungsetage, qualifizierte Mitarbeiter und ein Sparringspartner wie CMYNext.
Gemeinsam planen wir die digitale Zukunft Ihres Unternehmens …
Digitale Geschäftsprozesse
Ein Geschäftsprozess besteht aus miteinander verknüpften Einzeltätigkeiten, die ausgeführt werden, um ein bestimmtes betriebliches Ziel zu erreichen. Klingt dröge? Ist aber spannend, denn die Digitalisierung Ihrer Geschäftsprozesse bietet enorme Chancen zur Entlastung Ihrer Mitarbeiter und zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens.
Typische Anwendungsfälle digitaler Geschäftsprozesse
- Zentralisierung der Kundendaten in einem digitalen Hub zur Optimierung der Kunden-/ Vertriebskommunikation (CRM-System)
- Cloud-basiertes Arbeiten und Dezentralisierung der Geschäftsabläufe (Teamwork, Home-Office …)
- Digitalisierung der internen Kommunikation (z.B. Social Intranet)
- Automatisierung redundander Arbeitsschritte (z.B. Marketing Automation)
Kernnutzen digitaler Geschäftsprozesse
- Reduzierung von Komplexität für Mitarbeiter, Kunden und Partner (Daten, Informationen)
- Steigerung der Innovationskraft Ihres Unternehmens
- Steigerung der Wirtschaftlichkeit Ihres Unternehmens durch
- Erhöhung der Produktivität (zeitliche Entlastung der Mitarbeiter)
- Kostensenkung (z.B. Konsolidierung isolierter Softwareanwendungen)
- Ressourcenschonung (z.B. papierloses Büro)
- Verbesserung von Kundenservice und Nutzererlebnis
- Selbstdarstellung als zukunftsorientierter, attraktiver Arbeitgeber
Herausforderungen bei der Implementierung digitaler Geschäftsprozesse
- Wie sieht der Digitalisierungsplan für Ihr Unternehmen aus (strategische Planung)?
- Welche Wettbewerbsvorteile lassen sich durch digitalisierte Geschäftsprozesse erzielen?
- Welche Prozesse können/sollen primär digitalisiert werden (höchste Wertschöpfung)?
- Wo ist der konkrete Nutzen für Ihr Unternehmen?
- Wie wird sichergestellt, dass ein ganzheitliches Digitalisierungskonzept nicht an den Türen der einzelnen Abteilungen endet (Steigerung der Integrationsqualität und des digitalen Reifegrades)?
- Welche Softwarelösungen kommen dafür in Frage?
- In welcher Höhe muss investiert werden und wie hoch sind die laufenden Kosten?
- Welche bestehenden Systeme lassen sich dadurch ablösen?
- Welche Anforderungen gibt es hinsichtlich Datenschutz, IT-Sicherheit und Compliance?
- Gibt es eine robuste und skalierbare IT-Infrastruktur und entsprechende Ressourcen (Transformation Management)?
- Steht die Geschäftsleitung voll hinter diesem Prozess?
- Wie lässt sich die Akzeptanz im Unternehmen maximieren (Onboarding)?
Digitale Industrie (Objekte und Fertigungsprozesse)
Industrie 4.0
Intelligente und digital vernetzte Systeme ermöglichen die Verzahnung der industriellen Produktion mit modernen Informations- und Kommunikationstechniken zur „Industrie 4.0“. Ziel ist eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion: Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte kommunizieren und kooperieren in der Industrie 4.0 direkt miteinander. Durch die Vernetzung soll es möglich werden eine ganze Wertschöpfungskette zu optimieren. Das Netz soll zudem alle Phasen des Lebenszyklus des Produktes einschließen – von der Idee eines Produkts über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling.
Nur mit einer umfassenden Digitalisierungsstrategie können deutschen Unternehmen und Hidden Champions, die in ihren Geschäftsfeldern oft Marktführer sind, ihre starke internationale Position verteidigen und dem steigenden Wettbewerbsdruck aus dem In- und Ausland standhalten.
Primäre Treiber und Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation sind für Industrieunternehmen:
- Vorantreiben von Digitalisierung und Automatisierung der Produktion
- Vereinigung der Vorteile der Massenproduktion mit den Ansprüchen der Einzelfertigung (Mass Customization)
- Kosten- und Energieeinsparungen
- Ausbau der Vernetzung mit allen Interessensgruppen (Zulieferer, Vertrieb, Kunden …)
- Verbesserung des Kundenservices mithilfe digitaler Technologien
- Steigerung der Produktqualität mithilfe digitaler Technologien
- Steigerung der Effizienz der Mitarbeiterzusammenarbeit
- Steigerung der Innovationsquote
- Reduzierung der Entwicklungsdauer neuer Produkte
- Steigerung der Kosteneffizienz von Produktions- und Serviceprozessen
- Reduzierung von Reisezeit und -kosten
- Individualisierung und Flexibilisierung von Leistungsangeboten
- effizientere interne Abläufe
- Erschließung neuer Märkte durch neue, digitale Geschäftsmodelle
Sieger im Industrie 4.0 Award 2019: Busch-Jaeger mit seiner vollständig digitalisierten Supply Chain.
Internet der Dinge
In einer digitalen Welt wird der Computer zunehmend von „intelligenten Gegenständen“ bis hin zu „KI“, künstlicher Intelligenz ergänzt. Statt – wie derzeit – selbst Gegenstand der menschlichen Aufmerksamkeit zu sein, soll das „Internet der Dinge“ den Menschen bei seinen Tätigkeiten unmerklich unterstützen ohne abzulenken oder überhaupt aufzufallen. So werden z. B. miniaturisierte Computer, sogenannte Wearables, mit unterschiedlichen Sensoren direkt in Kleidungsstücke eingearbeitet.
Das können wir für Sie tun
Digitalisierung – unsere Leistungen

> Strategische Beratung: Ob Geschäftsmodell, Produkte oder Prozesse: Gemeinsam erarbeiten wir, wie Ihr Unternehmen die Chancen der Digitalisierung optimal nutzt.
> Software-Finder: Keine Digitalisierung ohne professionelle technische Basis. Gemeinsam stellen wir das optimale Software-Portfolio für Ihr Unternehmen zusammen.
> User Experience Design: Wir unterstützen Sie dabei, Ihre digitalen Angebote an den Bedürfnissen Ihrer Kunden auszurichten und zeitgemäße Webanwendungen bereitzustellen.
Digitalisierung – Consulting & Workshops
> Erfolgreich digitalisieren: Wie Sie Potenziale der Digitalisierung für Ihr Unternehmen nutzen und systematisch vorgehen.
> Business Model Canvas: Wie Sie Ihr (digitales) Geschäftsmodell optimieren und fit für die Zukunft machen.
> Design Sprint: Wie Sie in 3 bis 5 Tagen eine Idee erfolgreich zum Prototypen weiterentwickeln.
> Design Thinking: Wie Sie im interdisziplinären Team Ideen und Problemlösungen entwickeln.
Über den Autor
David Schweiger // Dipl. Designer, MBA
David studierte Kommunikationsdesign am renommierten ArtCenter College of Design in Pasadena (Kalifornien), bevor er 1999 direkt aus dem Studium heraus den Schritt in die Selbständigkeit wagte. Als Co-Founder der Tallence GmbH (heute Tallence AG) war er dort bis 2001 als Art Director tätig.
